Der Advent und die EinWEIHhung(s)NACHT

Advent. Ich schaue aus dem Fenster in die Dunkelheit draußen. Auf den Straßen sind Menschen unterwegs zu den letzten Besorgungen des Jahres, zum Teil auch auf Weihnachtsmärkten oder auf dem Weg zur Arbeit. Es ist dunkel, wobei die Kälte etwas fehlt. Ungewöhnlich für Deutschland im Dezember…

Der Advent bezeichnet in der christlichen Tradition die Zeit der Ankunft Christi (adventus (lat.) = Ankunft). Es ist die Zeit, in der sich die Menschen auf Weihnachten vorbereiten, die Feier zur Geburt des Gottessohnes. Es ist die Weihe-Nacht, die Nacht der Weihe, der Ein-weih-ung.

Hier in Mitteleuropa ist die Adventszeit die dunkelste Zeit des Jahres. Die Nächte werden länger und länger, die Menschen haben nur wenig Licht, um ihr Tagwerk zu begehen. Die Dunkelheit bestimmt das Leben der Menschen. Heute vielleicht weniger als früher. Aber selbst in unserer heutigen Zeit des elektrischen Lichtes, in der die Rhythmen der Jahreszeiten faktisch unbedeutend sind, geht der Blick der Menschen oftmals nach draußen in die Dunkelheit und man spürt, dass das Jahr sich dem Ende zuneigt. Wenn wir uns bewusst machen, wie die Menschen diese Zeit noch vor 150 Jahren erlebt haben müssen, dann vertieft sich der Eindruck noch, dass diese Zeit in der Tat bedeutungsschwanger für die Menschen war. Es ist eine Zeit der Einkehr, dieser Advent.

In der christlichen Tradition wird das schwindende Jahr durch die Ankunft des Lichts in Form des Christus um die Zeit der Wintersonnenwende neugeboren. Symbolisch erhält die sterbende Sonne die neue Kraft des Christus, um einen neuen Jahreszyklus einzuläuten. So kann auch in uns das Licht neugeboren werden.

Zur Zeit der römischen Republik wurden in diesen Tagen die Saturnalien gefeiert, das Fest des Gottes Saturn. In dieser Zeit waren die Sklaven frei und durften mit den Herren speisen und feiern. Es war ein Fest des Herrschers des goldenen Zeitalters, das Fest eines dunklen Gottes, der aber für die Freiheit stand, der die dunklen Momente des Alltags überwand, ignorierte und aus der Welt verbannte. Obwohl Saturn in der Astrologie oftmals als der große Übeltäter verstanden wurde, behielt er in der Hermetik die Rolle des Freiheitskämpfers – des Herrn des Goldenen Zeitalters. So steht Saturn in eingeweihten Kreisen auch heute noch für den Initiator, den Patron der Alchemisten und Hermetiker. Er ist derjenige, der zwar Hindernisse in den Weg legt, doch mit der Absicht, dem Schüler seine eigenen Themen und Blockaden vor die Augen zu führen, damit er sich davon befreien kann. Saturn ist in diesem Sinne der Gott der Freiheit, der Selbst-Befreiung.

Die Hermetik ist vom Grundgedanken her eine pan-sophische Lehre – alle Weisheitslehren umfassend. In der Antike waren die Bestandteile vor allem der Neuplatonismus, die ägyptische Magie und Einweihung, sowie die neue christliche Lehre. Diese drei bildeten das Amalgam, aus dem die Geheimwissenschaft des Westens entstehen sollte In der Neuzeit folgten auch theosophische Lehren, östliche Philosophien, Yoga, etc. die allesamt Einfluss auf die hermetische Entwicklung nehmen. In Bardons Werk finden sich Einflüsse aus griechischer Philosophie, Yoga-Lehre, tibetischem Buddhismus, salomonischer Tradition, Alchemie, jüdischer Kabbalah usw. alles zusammengefasst in ein konzises System der Einweihungspraxis.

Die Hermetik als synkretistische Lehre gibt dem Schüler die Chance, die Einflüsse des Jahreskreises zu beachten, sie für seine Einweihung und Entwicklung zu nutzen. Und so ist besonders der Advent als Zeit der Einweihung eine Chance für den Praktiker. Denn während die Welt die Ankunft des Jesuskindes im Außen feiert, erschließt sich dem Magier die Möglichkeit das eigene Licht in sich neu zu finden, neu zu gebären. Der Advent gilt vielen als hektische Zeit, in der „noch mal schnell“ alles erledigt werden muss, was das Jahr über liegengeblieben ist. Die Gefahr ist groß, dass die eigene Praxis, die eigenen Erkenntnisse, der eigene Fortschritt den Alltäglichkeiten untergeordnet werden; dass vermeintliche Notwendigkeiten Überhand bekommen vor den Dingen die uns an sich wichtig sind oder sein sollten. Für den Magier kann sich an dieser Stelle die alte Weisheit: „durch die Dunkelheit zum Licht“ als Sinnspruch bewahrheiten.

Einweihung ist Wiedergeburt. Der Christus wird geboren. In der Sonnenwende wird die Sonne wiedergeboren. Aus der Dunkelheit zum Licht. Der Magier kann durch ein bewusstes Erleben dieser Zeit also hier ebenfalls eine Einweihung erleben, in der er wiedergeboren wird. Es mag nur eine kleine Einweihung sein, doch der Grad der Bewusstheit entscheidet um die Signifikanz, welcher die Jahreszyklen auf den Magier haben können.

Eine magische Übung im Sinne des „Erkenne Dich Selbst!“ ist es daher, die dunklen Tage des Advent zu nutzen, um sich die dunklen Stellen im eigenen Leben, in der eigenen Persönlichkeit zu vergegenwärtigen. Auch sich der Alltäglichkeiten bewusst zu werden, die uns auf dem Weg der Einweihung behindern. An Weihnachten am Heiligen Abend, in „der Nacht der Einweihung“ oder schon zuvor in der Nacht der Sonnenwende bietet sich dann die Chance das neue Licht zu begrüßen, die gesammelten Schwächen hinter sich zu lassen. Einen Schritt zu tun zur Erweckung des eigenen göttlichen Anteils. Die Bewusstheit der um ihre Existenz anzunehmen und sie dann ebenso bewusst anzunehmen und erste Schritte zu unternehmen, um sie zu transformieren. Es geht also um die eigene Bemächtigung durch Nutzung der natürlichen Kreisläufe des Jahres!

Das kann durch ein Ritual geschehen, ebenso wie durch einen Plan zur besseren Organisation des eigenen Lebens oder durch eine Meditation.

So wünsche ich euch eine Frohe Weih-nacht!